Erfolg und das Märchen von Hans im Glück…
Rudolf Wötzel war ein höchst erfolgreicher Investment Banker; er gehörte zur „Elite“ in diesen Kreisen – war angesehen für seine Leistung – vielleicht auch gefürchtet…
Und dann hat er das alles „hingeschmissen“ – eingetauscht gegen ein altes Berggasthaus oberhalb Klosters. Seine Geschichte erinnerte mich an das Märchen der Gebrüder Grimm von „Hans im Glück“.
Der Hans im Glück hat eins nach dem anderen eingetauscht, bis er nichts mehr hatte – und glücklich war…. Das ist so ziemlich das Antimärchen der heutigen Zeit. Und doch ist es zeitgemäss – weil es uns hinterfragen lässt, was und wann Erfolg „reich“ macht.
Ich wollte von Rudolf Wötzel wissen, wie er Erfolg definiert. Was für ihn Erfolg “reich” macht.
Dir Frage ist, aus welcher Perspektive man Erfolg definiert. Die Hauptunterscheidung ist: Erfolg in den Augen von wem? Erfolg gemessen an welchen Massstäben?
Erfolg gemessen an den Massstäben einer globalisierten Leistungsgesellschaft ist ein anderer Begriff von Erfolg, als Erfolg gemessen an der Umsetzung meiner inneren Potenziale, Wünsche, Werte, etc. Der wichtigste Schritt für mich persönlich war, von diesem ersten Modell Erfolg rüber zu gehen in den anderen Bereich von Erfolg.
Und das hat natürlich viel damit zu tun, zu erkennen, wer man überhaupt ist und wofür man einsteht – was man will im Leben.
Damit kam die Wertfrage rein. Ich fragte mich beim Lesen des Buches, ob er sich in seiner Banker-Zeit je Wertfragen oder ethische Fragen gestellt hat. Das wollte ich von ihm nun wissen.
Die Wertfrage war nicht irrelevant – letztendlich hat sie mir geholfen, meinen alten Bezugsrahmen in Frage zu stellen und dann raus zu gehen. Aber primär war mein Agieren vorher im “wertfreien Raum” – es war keine entscheidende Grösse für die Beurteilung meines Handelns und meines Erfolgs. Zu schauen, erfülle oder verletze ich da irgendwelche Werte oder nicht – das war nicht die Frage. Man bewegt sich da auf einer gewissen “Konsens-Autobahn”. Alle Menschen um einen herum bewegten sich auf dieser Rennstrecke. Die Leitplanken sollte man vielleicht nicht überschreiten, aber mittendrin ist alles ok was da ist. Werte waren niemals die Treiber und keine Orientierungshilfe. Zumindest nicht auf der bewussten Ebene – mag sein, dass unbewusst immer wieder verinnerlichte Wertorientierungen aufscheinen.
Jetzt ist es anders: Zuerst sind die Werte und dann orientiere ich mich, in welche Richtung ich gehen will. Früher war es andersrum: Da rannte man in die Richtung, in der man die maximale Aussenwirkung erzielt. Das war Erfolg.
Maximale Aussenwirkung, gemessen am Konsens eines erfolgreichen Menschen kann man an einer Matrix mit 2 Dimensionen aufmachen: Macht mal Geld. Wer ganz rechts oben ist, ist ganz erfolgreich. Wer ganz links unten ist, ist ein Looser. Aber das ist ja auch einfacher. Wenn man sich am “Mainstream” orientiert, eckt man nicht an. Vorteilhaft und leichter an diesem Modell ist, wenn man sich auf dieser Erfolgs-Matrix oben rechts positioniert kann man sicher sein, dass man eine breite Anerkennung bekommt. Anerkennung von vielen Menschen und Macht.
Ich bemerkte, dass diese Erfolgsdefinition wohl typisch für die Welt sei, in der er war…?
Das ist sicher vom Umfeld abhängig. Wenn man Erfolg hat in einem Zirkus ist das anders als wenn man sich in der Wirtschaftselite bewegt. Und ich war ja gepolt auf die Wirtschaftselite. Wenn man sich da rechts oben in der Matrix positioniert, schauen alle zu dir auf und halten dich für ganz toll – das stellt man dann natürlich nicht in Frage.
Wenn man dagegen als Individuum den eigenen Weg findet und gestaltet und Erfolg sehr individuell versteht, muss man auch damit leben können, im Extremfall minimale Anerkennung zu bekommen – vielleicht sogar das Gegenteil.
Aber da gibt es ja den Spruch: “Everybody´s darling is nobody´s darling”. Also lieber von wenigen nachhaltig Anerkennung bekommen also so ein lauwarmes “ist der toll” von jedem.
In der Erfolgsdefinition in der Wirtschaft gab es ja vor allem externe Parameter, welche die Richtung vorgaben. Ich wollte wissen, was ihm heute Richtung gibt – wie und wonach er sich heute orientierst. Was sich verändert hat.
Ich glaube ich habe es geschafft, die Beurteilungskompetenz darüber, was erfolgreich ist, Dritten abzunehmen (meinem Chef, dem sozialen Umfeld etc.) und wieder zu mir zurück zu holen. Ich habe nun die Kompetenz die Kriterien festzulegen nach denen ich mich für erfolgreich halte.
Ganz wichtig ist, dass ich nicht kaputt gehe an dem, was ich tue. Dass ich geistig und körperlich gesund bleibe dabei. Erfolg ist reich, wenn man geistig und körperlich gesund bleibt. Das ist keine Frage von absoluten Arbeitszeiten – auch ein Teilzeitjob kann einen krank machen. Wichtig sind andere Dinge: mit Begeisterung ans Werk gehen; sich selber sein; und vor allem Sinn in seinem Tun zu erkennen.
Erfolg ist auch, wenn man so agieren kann, dass das Leben Wachstum ist – inneres Wachstum. Dass Entwicklung stattfindet. Und das ist das Problem beim “extern definierten Erfolg” – dass diese Menschen in einer Art persönlichen Regression sind. Die entwickeln sich als Mensch, als Charakter, oft zurück. Wie bei einer Spezialisierung – wenn man super spezialisiert ist, ist man oft in anderen Bereichen fast wie ein Autist, der nur eine Inselbegabung hat.
Weitere Kriterien von Erfolg sind für mich: Wenn ich spürbar und sichtbar etwas gestalten kann. Dabei ist es völlig egal, wie gross der Bezugsrahmen ist. Also, ein schönes Beispiel ist das Gemsli: Das sind 200 m2 in der Landschaft, die ich wirklich gestalten kann – mein Konzept, Ästhetik, Organisationsideen, Teamverständnis, Kundenumgang, Gästephilosophie – es ist eine Lebensform, die ich prägen kann. Und es ist etwas ganz Unmittelbares, weil du unmittelbar Feedback kriegst; es gibt nichts Unmittelbareres als die Gastronomie.
Erfolgreich orientiert sich an der eigenen Definition des Erfolgs und daran, was ich für diesen Erfolg kriege. Da ist es natürlich ein grosser Vorteil, dass diese Art Erfolg hier unmittelbar ist und ehrlich. In einer grossen Organisation läuft das ganz anders: Wer erfolgreich ist, dem wird das immer höchst versclüsselt mitgeteilt oder politisch verzerrt – oder Erfolg wird eindimensional monetär belohnt.
Nun kam er darauf, was für Ihn Erfolg reich macht; individuell und doch wohl mit einer recht grossen Allgemeingültigkeit, wenn man tiefer schaut:
Hier im Gemsli ist es sehr anders. Das was man für den Erfolg bekommt, ist vielschichtiger: Unmittelbare Anerkennung von den Menschen, die Freude, die man spürt. Und dann das Gefühl, dass dies etwas ist, was ich selber entwickelt und in die Welt gesetzt habe – es sich weiter entwickelt und nachhaltig ist. Das Thema Nachhaltigkeit – hat es Bestand – das ist ganz wichtig.
Und das wird unser nächstes Thema sein. Bleiben Sie dran!
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