Kreative Ideenfindung
In meinen Befragungen ist es eines der interessantesten Themen für mich, von meinen Interview-Partnern zu erfahren, was in ihrem Kopf passiert, wenn sie in kreativen Gedankenprozessen sind.
Die Antworten zeigen, dass es nicht „eine Erfahrung“ gibt. Die Art und Weise, wie diese Prozesse erfahren werden, ist so vielfältig und individuell wie meine Gesprächspartner es sind.
Das Gemeinsame ist, dass sie alle aus dem gleichen Zustand kommen – dem Flow- oder Alpha-Zustand. Alle beschreiben die klassische Charakteristik, dass ihr Denkraum frei ist – frei von den „ungebetenen Gästen des unwillkürlichen Denkens“ – dass sie ihn als weit und offen erleben.
Dazu – wie vorab in vielen Beiträgen – ein paar Zitate wie „Flow“, den man in der Gehirnforschung als Alpha-Zustand kennt, erfahren wird.
Er hat viel offenen Raum – er ist frei und leer – aber nicht eine hohle Leere…
Ich habe keine unnützen, störenden Gedanken – bin total präsent. Die Wahrnehmung ist breiter, weitläufiger, mehr Spielraum im Kopf
Eine grosse Wachheit – ein hoher Grad von Aufmerksamkeit – auch intensive Wahrnehmung für kleine Dinge – Details – aber ich kann sofort einordnen, ob das wichtig ist bezogen auf das was ich grad tue…
Dann ist mein Denkraum sehr breit – die Dinge fliessen – es fliesst in meinem Kopf.
Der Erfahrungszustand ist bei jedem anders, aber das Grundlegende ist gleich: Der Denkraum ist offen, weit und ruhig – frei wie eine “weisse Leinwand”.
Nun zu unserem Thema – wie laufen in diesem weiten Denkraum kreative Prozesse ab? Dazu will ich auch wieder einige meiner Interview-Partner zitieren.
Mag.Günther Fischer aus Wien, der bis Mitte 2010 das grösste österreichische Leasing-Unternehmen, die Unicredit, führte erlebt es so:
Die Ideen fliessen einfach – sie kommen einfach – ich muss nicht nachdenken. Ich bin oft selber überrascht was da alles kommt. Frei, kreativ und ideenreich – praxisbezogen auf ein Lösung zu.
Ich denke nicht wo ich was gelesen, gesehen oder bereits gesehen habe – es fliesst einfach… es kommt wie von selber – und es passt. Das Denken ist spontan. Der Kopf ist offen – alles kommt ohne Anstrengung und passt.
Ja und das führt und an die Frage: Wo kommen denn die Ideen her, wenn sie nicht aus dem Reservoir von bewusst aufgenommenem Wissen geschöpft werden…?
„Wissen ist im Bewusstsein strukturiert“. Das ist ein Satz, den ich ganz früh in meiner Karriere in der Bewusstseinsforschung gehört hatte und der mich nie mehr losgelassen hat. Als „Illustration“ dazu wurde das Quantenfeld aufgeführt.
Einstein beschrieb ein Quantenfeld, als ein „Feld der Leere“. Was wir in Einsteins Welt als feste Materie erfahren, besteht gleichzeitig aus Wellen (nicht-materielle Formen) und Teilchen (materielle Formen). Die Wellenform der Teilchen nimmt keinen bestimmten Platz in Raum und Zeit ein. Die Welle ist überall und zur gleichen Zeit gegenwärtig. Sie dehnt sich über das gesamte Universum aus. Das wird als Quantenfeld bezeichnet. (Siehe dazu die Quantenfeldtheorie auf Wikipedia)
Ich bin keine Quantenphysikerin und könnte mich in diesem Gebiet auch nicht auf eine Diskussion einlassen. Ich habe nur so viel verstanden, dass das Quantenfeld ein „Feld“ ist, aus dem alle Materie entsteht. Demzufolge muss es auch das Feld sein, aus dem alle Gedanken – Ideen – kommen.
Der Schritt, dieses Feld „Bewusstsein“ zu nennen, mag vielleicht gewagt sein, drängt sich aber auf, wenn man die Erfahrungen kreativer Prozesse studiert. Bewusstsein scheint dieser „weite leere Raum“ zu sein, den man im „Flow“, im Alpha Zustand, erfährt. Die Erfahrung ist, dass in diesem Bewusstseinsraum virtuell „alle Möglichkeiten“ enthalten sind, und dass Intension (Absicht, Fragen, Ziele) die entsprechenden „Möglichkeiten herauslösen“.
Dazu Günther Fischer:
Das Gefühl ist da, dass ich auf alles zugreifen kann, wenn es notwendig ist. Wie im standby Modus. Die Gedanken, die kommen, sind konstruktiv, zielbezogen, zukunftsgerichtet.
Ich möchte dazu die Erfahrung der Keynote-Speakerin und Inhaberin einer Treuhand-Firma anführen, welche ich in früheren Beiträgen bereits zitierte. Sie ist „von Berufes wegen“ eine Frau, die sich ganz stark mit dem Logisch-Rationalen – mit Zahlen – beschäftigt. Lesen Sie, was in ihrem Denkraum passiert wenn Sie im Flow in einem kreativen Prozess erlebt:
Die „Wände“ sind wie bemustert – aber der Raum hat Luft… Diese „Muster an den Wänden“ sind spannend und die ermöglichen mir verschiedene Kombinationen – ich kann diese Inhalte miteinander vernetzen – wie geistiges Ping-Pong – ich spüre dann auch wie ein Ping-Pong im Kopf läuft: Der Ball spickt von einer Wand zur anderen und nimmt von überall etwas mit… und das ergibt dann etwas Rundes, etwas Ganzheitliches… diesen geistigen Ping-Pong liebe ich… das brauche ich auch in der Arbeit… und in den Referaten hab ich es am meisten.
Interessant, nicht wahr? Fast ein bisschen „spacy“… aber eben: kreativ. Kreativität ist kein sequenzieller, logischer Prozess – es ist ein assoziativ-intuitives Aktivieren von Potenzial im Bewusstseinsraum. Solche Ideen sind in der Regel auch überraschend „neu“ für den Denker. Es sind Einsichten, die noch nie vorher gemacht wurden – Erkenntnisse, die spontan aus dem Bewusstsein entspringen. Das ist originäre Kreativität.
Die Praxis des Alpha Zustandes ist ein „pflügen“ des Bewusstseins-Feldes – und Neugierde, Fragen, Offenheit ist die Saat, welche die innewohnenden Samen dieses „Feldes aller Möglichkeiten“ zum Keimen bringt. Und die Ernte…. – erleben Sie es selber!
Im nächsten Beitrag in 2 Wochen wage ich mich an das Thema „Intuition“ – sind Sie dabei?
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