Ethik und Gewissen
Befragung mit Martin Elbel, Head Corporate Communications, Medela AG, 6340 Baar
von Ruth Wenger (Entwicklerin alphaSkills®)
Wie sehen Sie es dann, wenn es um Entscheide oder Zusammenhänge geht, welche einen viel umfassenderen Charakter haben. Zum Beispiel: Ein Politiker oder eine hohe Führungskraft, welche etwas entscheiden muss, das auf Tausende oder Millionen von Menschen einen Einfluss hat. Einen grundlegenden Einfluss, der meine Individualität übersteigt auch in dem Sinne, dass es auch kommende Generationen beeinflusst.
Das war Trumans Entscheid, ob er eine Atombombe abwirft oder nicht – das ist ein schwieriger Entscheid. Ich hatte mir immer vorgestellt, was Truman durchgemacht haben musste in den drei Tagen, als er diesen Entscheid fällen musste, ob er auf diese beiden japanischen Städte eine neu entwickelte Waffe abwerfen lässt oder nicht…. Ich denke, der hat sicher auch rational überlegt, dass so und so viele amerikanische Soldaten weiterhin sterben müssten, wenn all die Inseln einzeln erobert werden müssten und der japanische Widerstandswille nicht gebrochen würde… Dann hat er wohl auch die ganze politische Dimension mit Russland im Kopf… Und dann wachte er vielleicht auf morgens um 3 Uhr und wusste, dass 2×50‘000 Menschen gleich sterben werden und Millionen weitere irgendwelche Schäden davontragen, welche man noch gar nicht kennt…. Und dann musste er wohl das Mitleid mit den Menschen, welche hier leiden werden, auf die Seite schieben…. Oder er hat die Gewichtung der Realität mit seinen Soldaten über das Mitleid und über das Wissen gestellt, wie das ist, wenn jemand stirbt oder jemand aus der Verwandtschaft stirbt… Alles, was ihn zweifeln lassen könnte, dass das Abwerfen dieser Bombe richtig sein könnte, muss er wohl irgendwie übersteuert haben und rational diesen ganz schwierigen Entscheid getroffen.
Das führt uns an die Frage: Gibt es ein Richtig und Falsch. Vielleicht kann man nur sagen, in welchem Masse was wem dient…. Was ist eigentlich erstrebenswert? Warum soll ein Entscheider ethisch handeln? Warum soll er nicht nur auf seinen Vorteil oder Profit bedacht sein. Warum soll er nicht andere übergehen und ausnützen? Was ist denn das eigentlich – dieses innere Bedürfnis, „das Gute zu wollen“, dem Leben – oder wie die alten Griechen sagten: dem Wahren, Guten und Schönen – zu dienen? Was ist das, wenn das in einem drin erwacht?
Da kommt mir der Begriff „Gewissen“ – welches über lange Zeit entwickelt wird und da spielt sicher die Erziehung und das Umfeld, in dem mach aufwächst, eine sehr grosse Rolle dabei, wie viel Gewissen ich mitbekomme… Lernen, dass es gute und schlechte Dimensionen eines Verhaltens gibt. Das lernt man, wenn man es selber macht und die Folgen sieht. Aber man lernt es auch, wenn man von guten und schlechten Handlungen anderer betroffen wird – man erlebt, wie eine gute Handlung einem aufbaut und eine schlechte einem kaputtmachen kann. So bildet sich in jedem Menschen eine gewisse Erfahrung und ein gewisser Ethos aus – Gewissen genannt – was gut und was nicht gut wäre. Darauf bezieht man sich dann wohl in vielen seiner Entscheide. Das ist bestimmt wohl letztendlich dann das Bauchgefühl. Das kann man halt nur beschränkt kurzfristig prägen. Wenn man vom ersten Lebensjahr etwas aufbaut, ist das extrem prägend. Ob man in eine Familie geboren wird, in der die ethischen Werte hochgehalten werden – oder hochgehalten werden können, weil man es sich „leisten“ kann. Oder ob es eine Familie ist, in der die ethischen Werte über Bord geworfen wurden – oder werden mussten. Denn da ist auch der kulturelle Rahmen – der kollektive Mind von, dem wir Teil sind. Das sind alles prägende Einflüsse. Wenn wir das mit einbeziehen, bringt uns das in enorm umfassende Dimensionen.
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